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2023-07-14 Piz Sardona - Piz Segnas

Freitag, 14.07.2023

Mit dem 'humanen' 7.03 Zug ab Basel bis Bad Ragez, wo in Pfäffikon SZ Brigitta (TL) und Robert hinzu steigen. In der Gruppe sind vier Männer und eine Frau. Das Postauto ab Bad Ragaz ist proppenvoll. Um 10.28 Uhr sind wir nach lang erscheinender Fahrt am Gigerwaldstausee. Wir gehen dem Stausee entlang und sind eine knappe Stunde später am Kraftplatz St. Martin (vgl. Bild), wo uns Brigitta einen Kaffee versprochen hat. Um ca. 12.00 Uhr nehmen wir den Hüttenanstieg in Angriff. Wir wandern durchs bald menschenleere Calfeisental. Tannenwälder, wie sie im Bündnerland nicht so häufig sind. Durch die heftigen Gewitter des Vortags sowie die Schneeschmelze fliesst viel Wasser. Wir gehen an der Alp Segnes vorbei. Von da an ist der Weg durch die Kühe nicht mehr eindeutig zu erkennen. So gehen wir weglos zum Taleinschnitt, von wo der übliche Hüttenweg im letzten Teil steil ansteigt. Im Taleinschnitt finden wir keine Brücke über den Bach, der nun in einer Senke verläuft. Denn der Bach hat in den letzten Jahren tonnenweise Geschiebe abgelagert. Wo überqueren? In einer abenteuerlichen Übung schaffen wir es (vgl. Bild) schlussendlich mit nassen Socken, aber trockenen Schuhen. Später ist ein weitere Rinne zu queren. Wir sind irritiert, dass der Hüttenwart die vorliegenden Umstände nicht kommuniziert hat. Schlussendlich sind wir um 16.30 Uhr in der Hütte. Alle sind nun bereits erprobt, in steilen rutschigen Schutthalden zu gehen. Eine gute Vorbereitung für morgen. Der Hüttenwart informiert, dass er an verschiedenen Plätzen Plakate montiert habe, welche auf eine Umleitung hinweisen. Der Weg sei wegen Steinschlag gesperrt, was er jedoch nicht offiziell machen möchte. Aber er verstehe, dass man diese Plakate übersehen könne. Überall würden ja auf solchen Plakaten vor Herdenschutzhunden oder Mutterkuhhaltung gewarnt. Wir können seine Argumentationen wenig nachvollziehen. Die Abenteuer haben uns jedoch bereits etwas zusammen geschweist. Christian und Stephan hatten sogar grosse Freude an diesem Abenteuer! Bereits zum Abendessen kommt ein heftiger Südföhn auf, der an den Fensterläden rüttelt. Dafür grasen ca. 30 Steinböcke oberhalb der Hütte. Die Jungen spielen und rennen übermütig quer zu den Hängen. Ihnen scheint der Föhn keine Sorge zu bereiten. Dafür der Tourenleiterin.

 

Samstag, 15.7.2023

5.30 Uhr. Der Föhn scheint etwas schwächer zu sein. Ein wunderbares Frühstück! 6.15 Uhr Abmarsch. Den ersten steilen Anstieg - mit wunderbarer Sicht auf den mäandrierenden Fluss im Calfeisental und die Hütte (vgl. Bild) - gehen wir in einem Zug bis zur Felswand. Auf der Karte wird das steinige Gelände 'Sardonagletscher' genannt. Das war einmal! Es ist 7.45 Uhr. Nach einer Pause setzen wir den Helm auf. Wir überwinden bröckliges Gelände und alsdann die erste felsige Steilrinne (vgl. Bild). Ab dem festen Fels ist das Gelände bis zum Gletscher durch ein dünnes Drahtseil abgesichert, das jedoch auch immer wieder hinderlich sein kann (hin- und herpendeln). Die Anforderungen sind den Leuten anzumerken. Sie scheinen jedoch grossen Spass zu haben. Gar ein Jauchzer von Robert! Bald erreichen wir den restlichen Gletscher unter dem Sardona, auf dem guter Trittschnee liegt. Inzwischen sind die Kapuzen hochgezogen und z.T. die Handschuhe an den Händen. Der Wind ist zwar erträglich, zehrt aber aus. Der Piz Sardona ist von Nebelschwaden verdeckt. Ab und zu erhaschen wir Tiefblicke in Richtung Glarnerland und Glärnisch. Um 9.20 Uhr sind wir oben (3'057m).Und wir haben zum Teil Sicht! Freude herrscht! Der Wind verhindert eine längere Gipfelrast. Mit dem Selbstauslöser entstehen einige mystische Gipfelbilder (vgl. Bild). Weiter geht's über den Rücken in einem Auf und Ab bis zum Piz Segnas (3'098m). Leider der ganze Weg in Wolken. Obwohl wir oft von Windböen gerüttelt werden, ist der Wind erträglich und oh Wunder: auf dem Segnas können wir in die wunderbare Hochebene zum Martinsloch blicken! (vgl. Bild) Zum Glück weiss noch (fast) niemand, dass uns bald eine grosse Herausforderung erwartet. Brigitta weist darauf hin, dass für den ersten Abstieg höchste Konzentration verlangt ist. Denn der Pfad am schmalen Südgrat ist brüchiger und instabieler geworden. Brigitta geht diesen jedoch sicher und in einer Selbstverständlchkeit an, sodass alle folgen. Mit grossem Respekt und Sorgfalt nehmen wir dieses 'pièce de résistance' in Angriff. Ein Lob muss der disziplinierten Gruppe ausgesprochen werden! Im Gegensatz zum früheren klaren Pfad sind nach dem Grat diverse Spuren im rutschigen Gelände auszumachen. Brigitta sucht über den gesamten Abstieg bis in die Senke nach der optimalsten Wegführung. Alle sind gefordert aufgrund des rutschigen Geländes, der Steilheit sowie fehlender Wegspuren. Den letzten Teil des Abstiegs nehmen wir über die Schneefelder, was jedoch Song (unsere chinesische Teilnehmerin) in keiner Weise mag. Für sie gibt es eine extra Rotue im Geröll, währenddem die andern zufrieden und konzentriert die immer flacher werdenden Schneefelder in Angriff nehmen. In der Senke endlich eine längere Pause. Es ist 11.45 Uhr. Wir stärken uns. Endlich sind wir fast windgeschützt. Alle sind stolz und froh, die Herausforderungen geschafft zu haben. Es wird klar, dass alle Teilnehmenden - ausser Robert - noch keine so anspruchsvolle Tour gemacht haben. Alle sind froh und stolz!

Zügig nehmen wir den Gegenaufstieg auf den Segnespass in Angriff (12.45 Uhr). Die versprochene Einkehr ist nicht möglich. Die Militärhütte (2'625m) hat geschlossen. Vielleicht ist es dem doch eher angeschlagenen Hüttenwart von früher doch zu viel geworden. Von der Glarnerseit her sind die Wanderwege belebt, was für uns ungewohnt ist. Nun nehmen wir die letzten 1'200 m Abstieg zur Tschinglenbahn in Angriff. Wir motivieren uns durch zwei kurze Pausen. Die Beine brauchen eine Auszeit. Unsere warmen Kleider weichen kurzarm T-Shirts. Alle gehen tapfer. Insgesamt 1'200m Aufstieg und total 1'900m Abstieg ist doch nicht 'ohne'. Die Laune bleibt gut, auch wenn das Tempo gemächlicher wird. Christian entscheidet sich bald für seine profillosen Joggingschuhe, um die Druckstellen der neuen Bergschuhe zu entlasten. Bewundernswert, wie er die Höhenmeter meistert.

Um 15.15 Uhr bei der Tschinglenbahn (1'482m), die uns nach Elm bringen wird. Kein Anstehen - wunderbar! An der Talstation nehmen wir die letzte Strecke auf Teerstrasse bis nach Elm Station in Angriff. Niemand kann sich vorstellen, dass wir heute gefroren haben. Welche eine Freude in Elm Station! Die ehemalige Sernftalbahn hat in einem Wagen eine unkomplizierte Beiz eröffnet. In 5 Minuten haben alle ihr Bier. Welch Glück in der Kehle und im Gemüt! Give me five zum fünften. Stolz können wir sein! Wir nehmen um 16.03 Uhr den Bus nach Schwanden. Um 18.53 Uhr in Basel.

DANKE für euren Respekt am Berg sowie eure Motivation und Freude!

Brigitta Tschudin, TL