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2019-08-17 Gauligletscher und Dakota

Tourenbericht Gauligletscher und Dakota 17/18.8 2019

Es ist eigentlich gut, dass der Föhn nicht gekommen ist. So hat er nicht alle Wolken vom Himmel gefegt und wir haben auf dem schweisstreibenden Aufstieg vom Urbachtal hoch ins Gauligebiet immer wieder mal etwas willkommenen Schatten. Die Stimmung in der Natur- und Gletscherarchäologiebegeisterten Gruppe ist gut. Wir sind sehr gespannt, was vom 1946 auf dem Gauligletscher abgestürzten Flugzeug und der damaligen Rettungsaktion heute noch zu finden ist. Doch zuerst gilt es 1600 Meter Aufstieg zu bewältigen. Die imposante Kulisse der Engelhörner mit der Dossenhütte, weicht bald einer steilen Alp, deren Flanken mit Büschen und reifen Heidelbeersträuchern durchsetzt sind. Beim Mattenalpstausee öffnet sich das enge Tal und gibt uns einen ersten Eindruck für die Schönheit des Gauligebiets. Kleine Wasserfälle stürzen sich von den Hängen des Steinlouwihorn und vereinen sich mit dem Gletscherbach, der vom Gauli- und vom Grienbärgligletscher gespeist wird. Wir folgen diesem Bach durch die vom Gletscherschliff geformte Landschaft. Das Wasser zwängt sich immer wieder durch enge Kanäle zwischen den Felsbändern und springt tosend über Steilstufen. Zur Rechten, hoch oben, kommt die Gaulihütte ins Blickfeld. Doch unser Tourenleiter Lorenz steuert die Gruppe nach links, weiter hoch durch die spektakuläre Naturlandschaft, zu den grossen Wasserfällen. Es ist fast nicht zu glauben, dass sich ein einzelner Bach so gleichmässig in drei Arme aufteilen kann und nebeneinander in drei separaten Kaskaden beeindruckend in die Tiefe stürzt! Wir rasten an diesem magischen Ort und nutzen die Zeit für unser offizielles Gruppenfoto. Gleich neben dem Wasserfall gilt es die Felswand hoch zu klettern. Sie ist mit Ketten und Tritteisen gesichert, doch etwas Adrenalin haben wir bei dieser Stelle alle im Blut. Oben eröffnet sich wieder ein überwältigender Ausblick. Die Flanken vom Hienderstock und des Ewigschneehorns umschliessen südwestlich den milchig grünen Gaulisee. Endlich sehen wir auch den Gauligletscher, der sich nordöstlich Richtung Gaulisee hinunterwälzt. Auf der Gaulihütte angekommen, geniessen wir Fränzis leckere Aprikosenwähe und erfrischen uns in den kleinen Badepools, die auf der Wiese neben der Hütte angelegt wurden.

Am Sonntag laufen wir bei Tagesanbruch los. Das Ziel ist das Chammli mit dem Dakotadenkmal. Dort liegt ein Propeller (nicht der Originale) und eine kleine Metallsäule infomiert über die Geschehnisse rund um den Absturz des amerikanischen Militärflugzeugs, das mit zwölf Passagieren an Bord, am 19. November 1946 auf 3350 Metern Höhe am Südosthang des Rosenhorns auf den Gauligletscher abgestürzt ist. Wie durch ein Wunder haben alle Insassen den Absturz überlebt. Lorenz erzählt uns die ganze Geschichte vom Start der Dakota in München, über den Absturz, die verzweifelten Rettungsversuche der Amerikaner, die letztlich erfolgreiche Rettungsaktion der Schweizer mit der ersten Gletscherlandung eines Kleinflugzeugs, bis hin zum Verschwinden der Dakota im Gletscher zwei Jahre später und deren Wiederauftauchen im Jahr 2012. Im Sommer 2018 hat die Schweizer Armee alle sichtbaren Wrackteile vom Gletscher entfernt und wir fragen uns ob wir überhaupt noch irgendwelche Reste des Flugzeugs finden werden. Wir steigen über die Moränenflanke auf den Gletscher ab. Schon von weitem sehen wir rote Flecken auf dem Eis. Die Flecken stellen sich als Reste von roten Fallschirmen, wahrscheinlich von abgeworfenen Rettungsgütern heraus. Wir finden weiter Fragmente von Wolldecken, geflochtenen Rettungskörben, samt rostigen Konservendosen mit Trinkwasser, sowie einzelne Bestandteile des Flugzeugs, deren Funktion sich uns nicht erschliesst. Weiter unten, nahe des Gletscherbruchs, finden wir dann einen ganzen Haufen Aluminiumschrott. Dieser entpuppt sich als Teil der Tragfläche, samt Fahrwerk und einem Rad. Ehrfürchtig stehen wir vor diesem kerosinverschmierten Zeitzeugen, der seit 63 Jahren durch den Gauligletscher wandert. Nach dieser Exkursion in das Jahr 1946 verlassen wir den Gletscher wieder und steigen via Chammli zur Gaulihütte ab. Das leckere Mittagessen aus der Hüttenküche stärkt uns für den bevorstehenden Abstieg. Via die Felsbänder des oberen Hüttenwegs, geht es wieder 1300 Meter hinunter ins Urbachtal, wo das Alpentaxi auf uns wartet.

Bericht von Lorenz Ruf, 4.9.2019